Interview mit St.GAllen 24
Seit zehn Jahren stattet Mario Romano im «Newman & Paul» Männer aus. Im Interview erzählt er, worauf es dabei ankommt und warum er auf ein aussergewöhnliches Ladenkonzept setzt.
Wo geht ein Mann zwischen 35 und 60 hin, um sich trendig und stylish zu kleiden? Nicht nur in St.Gallen ist die Auswahl sehr begrenzt, wenn man sich vom Mainstream distanzieren möchte. Mario Romano wollte Abhilfe schaffen und eröffnete vor zehn Jahren seinen Store «Newman & Paul» an der Schützengasse 6.
Im Interview mit stgallen24 erzählt er, was die Ostschweizer Männer tragen, weshalb er auf massgeschneiderte Beratung setzt und welche Trends uns im Frühling/Sommer 2021 erwarten.
Mario Romano, Sie kleiden seit Jahren Männer ein. War das schon immer Ihr Berufsziel oder wie kam’s?
Nein, ich war 20 Jahre in Werbung, Design und Journalismus tätig, habe Surfbretter gebaut, als Radiomoderator gearbeitet und als Farbdesigner doziert. Die Lokalität an der Schützengasse 6 wurde frei und ich hatte zwei Tage Zeit, um zu überlegen, ob ich die Chance ergreifen soll oder nicht. Das hab ich dann schliesslich getan und ich glaube, dass mir meine Arbeit in verschiedenen Bereichen dabei geholfen hat, zu erkennen, wann ein Mann auf der Suche nach einem neuen Sein ist. Und was ihm dabei kleidungstechnisch helfen könnte.
Wie würden Sie die Männer beschreiben, die Ihren Store aufsuchen?
Zunächst einmal sind diese Männer neugierig. Neugierig sich selbst gegenüber und darüber, was Mode machen kann. Sie bringen ausserdem eine gute Portion Selbstachtung und Selbstbewusstsein mit, sind offen für Neues und schrecken von einem blumigen Hemd nicht gleich zurück. Die meisten Männer sind zwischen 35 und 60. Manchmal aber auch jünger. Wenn Männer einkaufen, dann ist es so als ob sie Jagen würden: Sie wollen das Beste erobern – egal was es kostet. So ist der Mann nun mal gestrickt.
Weshalb shoppen Männer lieber bei «Newman & Paul» statt in herkömmlichen Geschäften?
Sobald ein Kunde bzw. ein Gast die Tür betritt, beginnt sein persönliches und einzigartiges Shopping-Erlebnis. Er erhält eine Beratung, die zu seinem Typ, seiner Grösse, seinem Teint und zu seiner Lebensphilosophie passt. Manche Kunden, darunter viele Stammkunden, suchen sich bei N&P die Teile alleine aus, als wären sie bei uns zu Hause – in einer grosszügigen, wohlsortierten begehbaren Garderobe. Andere schätzen eine direkte, klare Beratung mit offenem Blick. Manche sind offen für Überraschungen und Veränderungen, andere lieben es, wenn wir von einem Experiment sprechen. Und wieder andere genehmen sich gerne in aller Ruhe zuerst einen Whisky.
Frauen betonen mit ihren Kleidern gerne mal Taille, Dekolleté oder den Rücken. Wo setzt der Mann seine Akzente?
Das ist beim Mann tatsächlich etwas schwieriger. Mit der richtigen Garderobe können Männer aber ihr Gesicht und ihre Schultern stärken. Dazu müssen die Schnitte und Farben richtig gewählt werden. Auch die Hose sollte etwas hermachen und deshalb ist der passende Schnitt essentiell. Der Po muss gut aussehen.
Manchmal gelingt es uns in 20 Minuten, Hemd, Hose und Schuhe zusammenzustellen. Bei mir bleibt dem Mann ja fast nichts anderes übrig, als sich auf neue Schnitte und Kompositionen einzulassen oder ein neues Farbkonzept zuzulassen. Im Spiegel kann er jeweils gleich sehen, wie seine Person an Markanz gewinnt.
Männer kleiden sich zunehmend femininer, wird immer wieder mal gespottet. Ist das so?
Wenn Männer mal engere Hosen, eine rosa Hemd oder eine Tasche zum Outfit tragen, dann wird in der Gesellschaft gerne mal darüber gewitzelt. Der feminine Touch, den manche Männer sich heute erlauben, hat nichts mit Weiblichkeit oder Verweichlichung zu tun. Viele Männer kommen einfach davon ab, sich alte stereotypische Zwangsjacken anzuziehen. Sie leben Emotionen. Und jagen ist Emotion pur.
In Ihrem Laden findet man keine grossen Modelabels und fertige Anzüge verkaufen Sie ebenfalls nicht. Wieso?
Ich kaufe nicht nach Trends ein, sondern stelle mein Sortiment durchdacht und so zusammen, wie ich den Ostschweizer Mann wahrnehme. Einen Armani-Anzug kleidet zwar jeden, aber passt er wirklich zum Mann, der da gerade vor mir steht? Eine Marke macht noch keinen Mann. Was einen Mann beim Tragen von Kleidern auszeichnet, ist, wie raffiniert er die Teile auswählt und kombiniert. Und genau das ist der Hauptbestandteil der Beratung bei N&P: Am besten verfügen die Männer über eine Garderobe, die sich vielfältig kombinieren lässt.
Ich möchte auch, kleineren und regionalen Marken eine Bühne geben. Die Fast-Fashion-Industrie und die grossen Labels kommen immer mehr unter Druck, sich ökologisch anzupassen. Deshalb ist es mir wichtig, kleineren und regionalen Marken, die sich ich der Zukunft in einem fürsorglichen Tenor verschrieben haben, eine Bühne zu bieten.
Also halten Sie nicht viel von Online-Shopping?
Ich will nicht sagen, dass Online-Shopping per se schlecht ist, aber das Shopping-Erlebnis ist nicht vergleichbar. Oftmals wird damit argumentiert, dass lokal einzukaufen teurer ist als Online, aber wenn man sich die Ökobilanz anschaut, dann bezahlt mal schlussendlich doch mehr. Und: Wer seine Region liebt, der kauft regional und nicht bei grossen Modeplattformen ein.
Welche Farben und Muster sind diesen Frühling/Sommer in?
Pastellfarben sind dieses Jahr sehr häufig anzutreffen, sie versprühen Lebensfreude und eine Leichtigkeit. Ausserdem helle Leinenhemden und weisse Sneakers. Das ist auch der Stil, den man bei N&P antrifft: minimalistisch, nordisch und à la Dolce Vita. Trotzdem findet man bei uns auch verschiedene Muster und Texturen, die sich hervorragend kombinieren lassen. Blumenmuster sind ebenfalls ein grosses Thema.
Die erste Party nach Corona. Mit welchem Outfit macht Mann nichts falsch?
Für eine genaue Beratung müsste ich den Mann vor mir sehen, aber was eigentlich immer geht, sind saubere Jeans, also keine verwaschenen oder zerrissenen. Bei einem etwas dunkleren Teint würde ich zu einem hellblauen oder weissen Hemd raten, bei helleren Typen zu einem dunkelblauen Leinenhemd und dazu weisse Sneakers.